12.11.2013

Psycho Boy Happy.



Ich habe ja sowohl erkannt als auch beschlossen, dass "Liebe" ein Konzept ist, das für mich nicht funktioniert. Wozu ich eigentlich einen eigenständigen Blogpost verfassen wollte. Aber wie das so ist mit Themen, die viel Denken und viel Text erfordern und sich darüber hinaus auch noch beschissen bebildern lassen, wird wohl aus diesem Beitrag nichts. Da ich aber diese Tatsache trotzdem als Überleitung brauche, gibt es sie jetzt einfach so um die Ohren gehauen. Aus der Reihe "Tiefschürfendes kurz und schmerzlos".

Weil ich nämlich nicht mehr daran glaube, von der Liebe jemals profitieren zu können, denke ich zur Zeit oft darüber nach, welche Stützpfeiler ich sonst noch so habe, um die wacklige Säule meiner emotionalen Konstitution ein wenig zu stabilisieren. Und auch, wenn ich damit nichts Besonderes bin, stelle ich doch immer wieder fest, wie viel Kraft mir Musik gibt, besonders im richtigen Moment und in der richtigen Lautstärke.

Sonntag war der richtige Moment, und auch die Lautstärke war genau richtig. Ich habe jetzt noch einen sanften, postkonzertanten Tinnitus im Ohr. Und zwar, um jetzt endlich mal auf den Punkt zu kommen, vom Electronic Beats Festival, das in diesem Jahr erstmals in Dresden gastierte und unserem verschlafenen Nest damit ein kulturelles Highlight bescherte, wie wir es in dieser Form nicht all zu oft geboten bekommen. Zwar weiß ich nicht, ob man einen Abend per Definition bereits als "Festival" verkaufen kann, aber was da im Alten Schlachthof für 19 kleine Euros alles geboten wurde, war grandios.

http://laxmag.de/laut/5-fragen-an/3038-5-fotos-von-sizarr http://www.vru-berlin.de/2012/07/sizarr-im-interview-ueber-illegale-downloads-berlin-und-die-provinz/

Eröffnet wurde die Veranstaltung von Sizarr. Die ich nicht kannte. Aber eigentlich waren eh alle nur wegen Woodkid gekommen. Was ich nicht abwertend meine. Was ich aber von mir behaupten kann (und ich bin alle), und was auch der Tenor war, den ich um mich herum vernahm. Oft freut man sich ja aber trotzdem, wenn man zusätzlich zum eigentlichen Headliner noch großartigen Support präsentiert bekommt, und Sizarr haben nicht enttäuscht. Die atemberaubende Stimme von Fabian Altstötter aka Deaf Sty, die Fingerfertigkeit am Synthesizer von Philipp Hülsenbeck aka P Monaee und der umwerfende Phänotyp von Marc Übel aka Gora Sou ergeben einen Gesamtentwurf, dem man gern zuhört und zusieht. Wobei ich sehr dafür wäre, diese albernen Künstlernamen abzulegen. Aber wer's braucht. Oben sehen sie die Videos zu "Run Dry" und "Boarding Time", ein sehr charmantes, 9minütiges Vorstellungsvideo der Band, veröffentlicht von der Red Bull Music Academy, und mit "Icy Martini" und "Word Up" noch zwei Acoustic Performances, in denen die Stimme des jungen Herrn A. aus M. am N. bzw. R. (zu umständlich?) besonders schön zur Geltung kommt und unter die Haut geht. "Psycho Boy Happy", das aktuelle Album der Band, bekommt fünf von fünf getragenen Schlüpfern zugeworfen.



Nach Sizarr waren dann Mount Kimbie an der Reihe, die live zwar zum Teil richtig aufgedreht haben, aber bei Spotify und YouTube finde ich nichts, was auch nur im Ansatz die Energie hat, die der Abschluss ihres Auftritts am Sonntag versprühte. Ganz im Gegenteil klingt das aktuelle Album eher nach schöner Musik für die Autobahn. Aber Bands, deren Musik je nach Bedarf variieren kann, sind ja auch was Tolles. Als Hörbeispiele hier vom letzten Album "Crooks and Lovers" das Video zu "Carbonated" und vom aktuellen Album "Cold Spring Fault Less Youth" der Titel "Made to stray".



Und schließlich kam er. Uns Woodkid. Der Lemoine, Yoann. Der einzige Franzose, der es einem nicht unter die Nase reibt. Der einzige Mensch, dem ich schwarz/weiß verzeihe. Mein Held. Und entgegen aller Befürchtungen spielte er nicht nur zehn Minuten, sondern ein volles Konzert, von 23:15 bis 00:45. Und was für eins. Als wir ihm im letzten Jahr im Heimathafen Neukölln lauschten, war das Programm ähnlich imposant und bewegend, aber die Stimmung eher getragen. So meinen wir uns zumindest zu erinnern. Was ich aber diesmal geschrien habe, und wie wenig man mich bitten musste, bevor ich auch angefangen habe, mit zu hüpfen, war ohne Vergleich. Da ich sein aktuelles Album "The Golden Age" ja nun aber schon zur Genüge beklatscht habe und seine neuen Tracks online noch nicht aufzutreiben sind, belasse ich es hier bei zwei schönen und gleichermaßen interessanten Interviews, von denen sich vor allem das erste, "Woodkid's Story", lohnt, das im Rahmen der Reihe "ABSOLUT Transform Today" entstanden ist und in dem er erzählt, über welche Umwege er zur Musik kam und was ihn antreibt.

Haben wir da also auch mal drüber geredet, und damit ich musikalisch gar nicht erst zur Ruhe komme, geht es 4einhalb Stunden schon weiter in der Dresdner Lukaskirche, wo Aimee Mann ausgewähltes Liedgut zum Besten gibt.

Thank you for the music.
*plöpp*

7 Kommentare:

André hat gesagt…

Electronic Beats Festival Dresden 2013, Setlist Sizarr:

Mushin
Word Up
PocketWait
Run Dry
Mulo
Tagedieb
Purple Fried
Boarding Time

Electronic Beats Festival Dresden 2013, Setlist Mount Kimbie:

Carbonated
Before I Move Off
Home Recording
Blood and Form
Break Well
So Many Times, So Many Ways
Made To Stray
Field

Electronic Beats Festival Dresden 2013, Setlist Woodkid:

Baltimore's Fireflies
The Golden Age
Where I Live
Ghost Lights
I Love You
Brooklyn
Boat Song
Stabat Mater
Conquest Of Spaces
Volcano
Iron
The Great Escape
Run Boy Run

Freundlich recherchiert und zur Verfügung gestellt von eifrigen Electronic Beats-Mitarbeitern/ Holger Wick
- http://www.electronicbeats.net/en/

Octapolis hat gesagt…

Mal abgesehen davon, dass ich davon niemanden kenne, nicht mal die Namen gehört habe oder sonstwas... hab ich schon manchen Aha-Effekt beim Nachhören der an dieser Stelle angepriesenen Musik erlebt. Hielt sich mit den Oha-Effekten ungefähr die Waage. ;o)

Und, aber, oder deswegen und weil eben auch: recht haste... Musik an der richtigen Stelle mit der richtigen Lautstärke zum Einsatz gebracht kann so manches Wunder bewirken! (Die Älteren werden sich erinnern, wie David Hasselhoff mit ein paar Tönen eine ganze Mauer zum Einsturz brachte... Oder war das Klaus Meine? Es wissen nur noch wenige...)

In diesem Sinne: *plöpp* (und zwar immens laut!)

;o)

André hat gesagt…

Ein schönes, lautes plöpp :)

Ja, der Hoff. Irgendwann möchte ich auch mal Mauern platt singen können.
Mein Held.

André hat gesagt…

du lernst es schon noch... zu mehr optimismus will ich mich hier auch gar nicht hingerissen wissen :D

André hat gesagt…

Falls dieser Beitrag den Eindruck vermittelt, ich hätte aufgrund der neuen Erkenntnisse irgendeinen Leidensdruck, liegt da leider ein Missverständnis vor. ;)

lutz-tommy.de hat gesagt…

Sizarr und Mount Kimbie- zwei tolle Bands, die ohne diesen Post wieder mal an mir vorbei gegangen wären. Danke!
Übrigens: man soll die Hoffnung nie aufgeben... ;-)

André hat gesagt…

Danke :)

Ich hab' die Hoffnung auch noch nicht aufgegeben... Ich hab' sie nur vorübergehend auf Eis gelegt, für's große Ganze ;)