19.10.2016

Dating sucks, Kapitel 17: Unverbindlichkeiten.


„Hätten sie das von ihr gedacht? Xenia Seeberg ist 44, eine wunderschöne Frau und trotzdem: Sie hat schon seit 3 Jahren keinen Sex mehr! […] Das gibt’s doch nicht, denken sie jetzt. […] Xenia Seeberg ist Single, aber Sex ohne Liebe oder gar One Night Stands – bloß nicht!“ - „Ja, da bin ich sehr sehr altmodisch, muss ich gestehen. […] Ich denke, es geht durchaus mehr Leuten ähnlich wie mir […], als dass sie es öffentlich oder selbst im Freundeskreis zugeben würden. Die meisten werden das wahrscheinlich versuchen möglichst zu Hause zu lassen, hinter verschlossenen Türen.“ - „Xenia Seeberg schämt sich nicht. Im Gegenteil. Sie spricht aus, was sich wenige trauen.“

Als ich diesen kurzen Beitrag vor ein paar Wochen sah, fiel mir noch die Kinnlade runter und gleich danach nicht mehr viel ein außer: Ist es jetzt schon so weit, dass man sich dazu bekennen muss, mit lieblosem, unverbindlichen Sex nichts anfangen zu können? Ist das jetzt wirklich schon die traurige Minderheit, die stolz die geballte Faust in die Luft streckt, wenn sie den Mut hat, selbstbewusst zu diesen abnormalen Empfindungen zu stehen? Aber dann richtete ich mir, wie schonmal am Rande erwähnt, für kurze Zeit und nur zur Krisenbewältigung im Dating-Portal meines Misstrauens eins dieser beliebten Viel-Körper-Kein-Gesicht-Profile ein, und siehe da: Siehe Screenshot (oben). Ganz klein steht es am unteren Bildrand: 383 Besucher innerhalb der letzten 72 Stunden. Zum Vergleich: Gesichtsprofil ohne Sexgesuch bringt am Tag vielleicht so 10 Besucher. Und das war nicht der erste Tag und auch kein besonderer Tag. Männer, die sich vorher zu schade waren, mir überhaupt zu antworten, waren auf einmal Feuer und Flamme, und auch der ein oder andere, der mich eigentlich schonmal verschmäht hatte, stand auf einmal wieder auf der Matte. Und als ich mich dann mal mit einem der Herren traf, der neben Coitus auch noch andere Themen hatte und der auch gewillt war, sich zu unserem Treffen etwas anzuziehen und das auch anzubehalten, musste ich mich im Gespräch wieder einmal dafür rechtfertigen, warum ich in der Zeit, in der ich auf meinen Märchenprinzen warte, nicht einfach unverbindlichen Sex habe. Das wäre doch so befreiend, und man wäre ja schließlich auch niemandem irgendetwas schuldig, und die Nähe, und Freiheit, und und und. Meine Argumente, dass mir meine Zeit dafür einfach viel zu schade ist und dass ich im Nachhinein nur noch trauriger bin, wenn ich weiß, dass ich zu diesem Zweck zwar gern genommen werde, aber für mehr nicht zu gebrauchen bin, prallten da einfach ab. Die ersten beiden Gratulanten zu meinem dreißigsten Geburtstag waren zwei junge Männer, die mich häufiger ohne Kleider als mit gesehen haben. Nicht etwa Menschen, die in meinem Leben wirklich etwas bedeuten. Sowas frustriert doch.

Und dann stehst du da, im Dating-Portal, und kannst dich nicht entscheiden, ob du dein Profil löschen oder doch weiter führen sollst, auf der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Wohl wissend, dass dir an schwachen Tagen auch manchmal die Disziplin fehlt, nur nach der Nadel und nach sonst nichts zu suchen. Und dann überlegst du, ob du vielleicht doch irgendwie merkwürdig bist und dich einfach durch die Schlafzimmer arbeiten solltest, auf der Suche nach Erfüllung.

Aber nach langem Hin und Her, ob meine bisherige Strategie überhaupt aufgehen kann, bin ich irgendwie immer noch nicht bereit, mich auf diese glitschigen Pfade zu begeben. Und so schlage ich mich auch weiterhin durch das Dickicht unbrauchbarer Männer, lasse mir weiterhin Dinge anbieten, die ich hier nicht zitieren kann, lasse mir weiter Bilder schicken, die ich hier nicht abbilden kann, lasse mich weiterhin beschimpfen, wenn ich auf entsprechende Nachrichten nicht antworte und halte es derweil mit Xenia Seeberg, die ausspricht, was sich wenige trauen:

Ich suche nur Liebe. Sonst such' ich nix.

(Und wenn sie diese Suche schon erfolgreich abgeschlossen haben, seien sie dankbar, und lassen sie das ihr Herzblatt auch wissen)

*plöpp*

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