10.06.2013

Das kleine Reisetagebuch - Schottland, Tag 2 (26.05.2013)


Da denkt man, man könnte sich mal schnell für ein Studium bewerben und danach einen Kaffee trinken - Pustekuchen. Kaffeetrinken ist ausgefallen und das Abendbrot fiel in Ermangelung der benötigten Zubereitungszeit auch wesentlich spärlicher aus, als angedacht. Aber ganz so simpel, wie es 2005 war, sich für einen Studienplatz zu bewerben, ist es nicht mehr. Und so habe ich heute nur zwei der vier Bewerbungen geschafft, die ich eigentlich abschicken wollte. Aber als auch noch um ein Motivationsschreiben gebeten wurde, war's vorbei. Und: Ich möchte wieder einen Urlaubstag schaffen.

Also weiter mit: Tag 2.


Für Sonntag war nun endlich die Ankunft meiner charmanten Reisebegleitung vorgesehen, die am Morgen den ersten Zug in Leeds bestiegen hatte, um mittags an der Edinburgh'er Princess Street einzuschweben. Da ich aber im Urlaub grundsätzlich nichts davon halte, lange zu schlafen, hatte ich mir noch ein weitere Unternehmung zurecht gelegt, bei der ich mir nicht sicher war, ob die kleine K. da gern dabei wäre und begab mich, nachdem ich meine Reisetasche vom Castle Rock Hostel ins Halcyon House gebracht hatte, mit dem Bus auf den Weg zum Portobello Beach. Was im Nachhinein nicht die klügste Entscheidung zu sein schien, denn just an diesem Sonntag feierten Laufwütige aus aller Welt das Edinburgh Marathon Festival. Mit einem Marathon. Und wo ich mir noch nichts dabei gedacht hatte, als mich meine jeweiligen Herbergsmütter bzw. -väter an diesem Tag fragten, ob ich für den Marathon in der Stadt sei und auch noch nicht stutzig wurde, als die sportlichen Männer in meinem Hostel alle schon halb sieben ihre Zähne putzten, erkannte ich im Bus, dass so ein Marathon ja auch für Unbeteiligte Konsequenzen hat. Langatmige Konsequenzen. Aber so konnte ich immerhin die Läufer beobachten, während der Verkehr stockte. Und das Team Diabetes Canada hatte einige Mitglieder eingeflogen, bei denen man sich ernsthaft fragen musste, wie die es lebendig ins Ziel schaffen wollen. Zu laut möchte ich allerdings nicht lästern, denn wahrscheinlich bin ich bald einer von ihnen. Und stürze abgehetzt und schnaufend ins Ziel, wo die Sanitäter schon die extragroße Trage für mich bereit halten. Uiuiui.


Auch Portobello Beach war dann hauptsächlich von Marathon-Läufern gekennzeichnet, denn an eben dessen Promenade verlief die Strecke, so dass ich zunächst einigen fliegenden Wasserflaschen ausweichen musste, bevor ich mich endlich barfüßig ins Watt begeben konnte. Strände bzw. Gewässer mag ich ja grundsätzlich sehr, aber beim Portobello Beach habe ich mich wahrscheinlich doch zu sehr von dem klingenden Namen blenden lassen, denn zu sehen gab es weiter nichts, und auch die Promenade mutete eher ein wenig trostlos an. Was aber die Idylle am sanft rauschenden Firth of Forth und im dazu gehörigen Hafenstädtchen Portobello nicht weiter trübte. Und wäre die Ecke da nicht so toll gewesen, spätestens mit dem Kennenlernen meiner neuer besten Freundin Portobello Mietzekatze wäre das auch egal gewesen. So ein putziger Gesell. Gesellin. Keine Ahnung. Hab' nicht nachgeschaut. Aber die kam einfach auf mich drauf geklettert und schnurrte so lange, bis ich sagte "Jetz' is' ma' gut." ... Herzallerliebst. Auch wenn mir danach wieder die Nase juckte und die Augen ein bisschen dick wurden. Aber das war's wert.


War also der Strandbesuch auch abgehakt und die Zeit, klein K. vom Bahnhof abzuholen endlich ran, und nachdem wir in unserer neuen Bleibe unser kuschliges Zimmer bezogen hatten, begaben wir uns direkt auf die Royal Mile, die Flaniermeile Edinburgh's, die eigentlich alle wichtigen Attraktionen des Stadtzzentrums umfasst. Was jetzt aufregender klingt, als es ist, denn neben wunderschönen Altbauten ist das Bild in dieser Straße hauptsächlich durch I Love Scotland-Souvenirshops geprägt, aber beschritten haben muss man sie trotzdem mal. Und die zwei Sehenswürdigkeiten, die wir uns zur genaueren Betrachtung heraus gepickt hatten, die St. Giles Cathedral und die Camera Obscura samt Obskuritätenausstellung, waren auch wirklich einen Nachmittag wert. Besonders, weil wir uns beide nicht viel daraus machen, besonders erwachsen und besonders gebildet zu wirken. Und deswegen die Begeisterung der Kinder für die Zerrspiegel und die grün leuchtenden Kugeln uneingeschränkt teilen konnten. So lob' ich mir das.


Der Abschluss unseres Tages war dann nicht minder großartig, denn die Sonne hatte sich nach zwischenzeitlicher, dichter Bewölkung wieder an vorderste Front gekämpft, und da sich unser Hotel direkt am Calton Hill befand, bot sich ein kurzer Abstecher auf dessen Gipfel samt erneutem Sonnenuntergangs-Blick über die ganze Stadt regelrecht an. Und als wir zu Hause waren, taten wir, worauf wir uns schon seit meinem letzten Besuch in England gefreut hatten: "Bang!" rufen beim letzten "Bang!" des The Big Bang Theory-Vorspanns. Denn in England lief im April auf Channel4 die fünfte Staffel, die gesamte sechste Staffel hatte ich organisiert, Rotwein stellte Tesco zur Verfügung, und so war uns  heiteres Gekicher zum Abend sicher.

Gibt im Endresultat zwei Daumen für den schottischen Sonntag und ein bereits sehnsüchtiges

*plöpp*

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