...und im Kino war ich auch. Wenn auch erst am Montag, weil letzte Woche das schöne Wetter gegen den guten Vorsatz gesiegt hatte, aber wie das mit den guten Vorsätzen funktioniert, hatte ich ja gestern schon erläutert.
Filme, die auf historischen Persönlichkeiten beruhen, insbesondere auf denen, die ich aus dem Englischunterricht kenne, mag ich sowieso immer sehr. Und wenn dann auch noch Meryl Streep und Jim Broadbendt die beiden Hauptfiguren darstellen dürfen, ist die Sache eigentlich schon geritzt. Dazu noch die Aufregung im britischen Parlament, der Aspekt der Phantasiewelt einer durchgeknallten, alten Dame im Herbst ihres Lebens und immer wieder schnieke Möbel und Heimtextilien aus einer Ära, in der alles noch so viel hübscher aussah - läuft.
Einziges Manko für mich war Meryl Streep's Synchronstimme, die, wenn sie versuchte, wie eine alte Frau zu reden, so klang, wie die Stimme einer jüngeren Frau, die versucht, wie eine alte Frau zu reden, aber abgesehen davon war es ein sehr sehr schöner Film. Zwar gibt es auch Stimmen, die verbieten möchten, den Film gut zu finden, weil Frau Thatcher etwas gegen Homosexuelle in ihrem Königreich hatte (zum Weiterlesen: Clause 28) und weil sie im Film viel zu stark romantisiert wird, aber nur weil die Frau diskussionswürdige Ansichten vertrat, kann ich doch die filmische Umsetzung ihres Lebens mögen. "The Last King of Scotland" fand ich auch gut. Soll aber nicht heißen, dass ich Idi Amin mag.
Und weil wir gerade bei Filmen, die auf historischen Persönlichkeiten beruhen sind und ich gern noch die Filme, die ich 2012 bisher gesehen habe, aufholen möchte, erwähne ich an dieser Stelle noch zwei, die der US-Politik entlehnt sind:
Ein Film über das Leben des J. Edgar Hoover. Von dem ich vor dem Film noch dachte, er wäre mal Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika gewesen. War er aber gar nicht. Der hieß Herbert. John Edgar war dagegen Begründer des FBI und 48 Jahre lang bis zu seinem Tod auch dessen Direktor, was ihn in seiner Funktion immerhin mit acht US-Präsidenten (inklusive Nachnamensvetter Herbert) interagieren ließ. Und sein Leben somit auch spannender macht, als das eines Präsidenten mit einer Amtszeit von 4 Jahren, den keiner mehr kennt.
Der Geschichtsstoff als Basis also wieder Spitzenmaterial, die Umsetzung an manchen Stellen nicht ganz so gelungen. So fand ich es beispielsweise tragisch, Leonardo DiCaprio und Armie Hammer einfach auf alt umzumodellieren. Früher hätte man für die Rolle des älteren J. Edgar auch einen talentierten, alten Mann gecastet. Aber wenn man Leonardo DiCaprio bezahlen muss, reicht das Geld wahrscheinlich dann nicht mehr für noch einen William Shatner. Nur als lustiges Beispiel.
Und auch in diesem Film wieder die Synchronstimmenproblematik. Leonardo DiCaprio's Synchronstimme finde ich sowieso völlig unpassend für die Rollen, die er nun schon spielt, seit ihn Martin Scorsese 2002 für ernsthaftes Kino entdeckt hat, und wenn diese so schon unpassende Stimme dann auch noch versucht, den alten Mann zu machen, klingt das wie die Stimme eines jungen Mannes, der versucht, den alten Mann zu machen. Schrecklich. Wobei ich nicht beurteilen kann, ob Leonardo DiCaprio das im Original besser hinbekommen hat.
Gibt mir jemand das Geld, um in Dresden ein großes OmU-Kino zu eröffnen?
Auch Armie Hammer in der Rolle des Clyde Tolson fand ich nicht ganz so überzeugend, und an manchen Stellen im Film war auch nicht ganz klar, wofür diese Szene jetzt eigentlich benötigt wurde - im Großen und Ganzen hätte dann vielleicht doch die Lektüre des Wikipedia-Artikel zu J. Edgar Hoover genügt.
Eine Dokumentation, zusammengesetzt aus Zeitzeugeninterviews, filmisch nachgestellten Szenen und echten Aufnahmen über Seantor Joseph McCarthy, Speerspitze des Kampfes gegen den Kommunismus zu Zeiten des Kalten Krieges und Namensgeber des McCarthyism, den wir im Englischunterricht durchgekaut haben, als hätte es in den 50er Jahren nichts anderes in den USA gegeben.
Wieder spannender Stoff als Basis, den man zwar so ebenfalls im Wikipedia-Artikel nachlesen kann, aber gut gemacht war die Dokumentation. Hätte man nicht unbedingt eine Kinokarte 'für kaufen müssen, aber die Kinowoche war schwach und das Kino im Dach ist schön. Wenn's mal bei 3Sat läuft...
Und was natürlich als spaßiger, weil Zielgruppen-relevanter Verbindungspunkt festgehalten werden muss: J. Edgar Hoover hatte Clyde Tolson, Joe McCarthy hatte Roy Cohn, und alle haben sich sehr gut vertragen. Spekulationen erlaubt.
Und was finden wir, wenn wir Roy Cohn googlen? Die Golden Globe-prämierte Miniserie "Angels in America", die unter anderem um die Reagan-Ära und das Aufkommen von AIDS in den USA behandelt. Roy Cohn, erfolgreicher Anwalt und überzeugter Antikommunist, mit verantwortlich für die Hinrichtung von Julius und Ethel Rosenberg, wird an seinem Sterbebett von Ethel Rosenberg's Geist heimgesucht, und wer spielt den? Meryl Streep.
Während das Beste an "J. Edgar" seine Mutter, gespielt von Dame Judi Dench war. Die gemeinsam mit Jim Broadbendt als demente Iris Murdoch im Herbst ihres Lebens im großartigen Film "Iris" zu bewundern ist. In dem für die Rolle der jungen Iris Murdoch übrigens eine extra Kate Winslet eingestellt wurde.
Hollywood ist auch nur ein Dorf.
Haben wir also mal wieder über's Kino geredet.
Gibt noch mehr zu reden.
Aber da ich bereits gestern stundenlang versucht habe, mich mit Tumblr anzufreunden, muss ich jetzt erstmal kurz zurück ins wahre Leben und die Schäden der Frühlingsbegrüßungsfeier beseitigen.
*plöpp*
3 Kommentare:
so lange posts übersteigen meine durchschnittliche aufmerksamkeitsspanne... aber gelesen hab ichs trotzdem, so toll wars :D
Fiel mir auch erst danach auf, dass der recht lang geworden ist.. Aber ich muss die Kinofilme noch aufholen. Die werden wieder kürzer. Recht bald. Versprochen ;)
da setze ich bei bestehender sonnenbestrahlung auch drauf :D
Kommentar veröffentlichen