Kinotag! :D
Der fleißigste Kommentator meines kleinen Schreibheftes hier hatte zu "vincent will meer" geladen, und wer bin ich, eine Einladung auszuschlagen. Ich hatte schließlich um Selbige gebeten ^^
Und hier ist, was spontan im Gedächtnis blieb: Die Top 10.
10. vincent will meer.
Allein der Titel verdient schon Lob. Zum Einen, weil ich die doppelte Bedeutung in der Aussprache schon immer sehr mochte und zum Anderen, weil ich das Meer schon immer mochte. Große Gewässer üben auf mich eine magische Anziehungskraft aus, aufgrund ihrer Ruhe, aufgrund ihrer Unendlichkeit, aufgrund ihrer Unbedingheit - einfach aufgrund ihrer begründeten Symbolkraft.
09. Gezwungenes Lächeln by Heino Ferch.
Leider auf die Schnelle kein Bild dazu gefunden, aber wenn der Ferch, Heino sein Zwecklächeln aufsetzt, sieht das einfach zu knuffig aus. Muss man mal gesehen haben. Wer sich nichts drunter vorstellen kann, sollte den Film schauen - die Szene, in der er vor den Augen des italienischen Polizeiers den Saab kurzschließt.
08. "Klassik!" - "Das ist Bach!"
Ich bin ja musikalisch in (fast) alle Richtungen offen, und auch klassische Musik kann im richtigen Rahmen und zum richtigen Zeitpunkt durchaus ihren Reiz haben. Und Johann Sebastian Bach hat fabelhaft in diesen Film gepasst. Ich sollte wieder mehr Klassisches hören.
07. Nature at its finest.
War zwar nur eine Nebendarstellerin, aber eine ganz Beeindruckende, in diesem Fall, die liebe Natur. Speziell im vollgrünen Tiroler Bergland hätte ich den Film im Minutentakt anhalten können, um einen Screenshot zu machen - einfach nur schön.
06. Das Programmkino Ost.
Als ich das letzte Mal im Ost war, war es noch ein modriger Altbau, der irgendwie nach Abriss roch und trotz dieser Tatsache nicht wirklich Charme versprühte. Aber das ist lange her, und was inzwischen aus dem Programmkino am Altenberger Platz gemacht wurde, kann sich mehr als sehen lassen. Bin ich aber scheinbar nicht der Erste, dem das auffällt, denn entgegen meiner Erwartungen war der Kinosaal für ein Programmkino erstaunlich gut gefüllt. Besuchsempfehlung.
05. Tourette, kurz zusammengefasst.
"Ich hab'n Clown im Kopf, der mir ständig zwischen die Synapsen scheißt."
Extrem charmant, griffig und medizinisch nicht direkt verkehrt. Vielleicht sollte man Drehbuchautoren in medizinischen Lehrbüchern auch ein bis zwei Zeilen pro Krankheitsbild einräumen.
04. Cargo City.
Bisher noch nie was 'von gehört, und die Zahl der Facebook- Fans kraucht zur Zeit auch noch im dreistelligen Bereich rum, aber das sollte sich dringend ändern. Denn was Cargo City zum Soundtrack beigesteuert haben, klingt wirklich sehr schön. Genauso wie alles andere, was man von Cargo City so findet. Von den wunderschönen Texten, von denen ich in meinem nächsten Selbstmitleidsanfall sicher einige verwenden werde, ganz zu schweigen.
Den schönen Song, den ich eigentlich finden wollte, habe ich leider nicht gefunden, aber ich vermute, dass es "Walk on my own" war, dem ich, wenn er es denn war, auch die Headline dieses Blogposts entnommen habe.
03. Florian David Fitz.
Florian David Fitz hatten wir hier schonmal, und wenn man in der Google- Bildersuche nach ihm sucht, bin ich auf der ersten Seite sogar zweimal vertreten. Damals hatte ich mich allerdings nur auf Wunsch mit ihm befasst - jetzt kann ich auch nachvollziehen, woher der Wunsch rührte. Ganz entzückend. Und außerdem ganz talentiert, denn das Tourette- Syndrom überzeugend darzustellen ist sicher nicht die einfachste schauspielerische Herausforderung.
02. Meine Sitznachbarn.
Wie oben schon erwähnt, war ich eingeladen, und damit war der heutige Kinobesuch auch eine Erstbegegnung mit jemanden, den ich bisher nur digital kannte. Was ja schon einmal sehr erfreulich ausging. Echtzeitmenschen sind halt dann doch noch eine Nummer interessanter :)
01. Psychisch krank ist genau so krank wie richtig krank!
Ein Zitat, das ich bereits anbrachte, als mir selbst eigentlich nicht danach war, hier irgendwas anzubringen. Aber es ist so wahr. Und jeder Film, der die Entstehung eines Bewusstseins dafür, dass psychogene Störungen mindestens genau so ernst zu nehmen sind, wie jede somatische Erkrankung, bekommt von mir schonmal ein Bienchen.
Tourette ist eine neurologische Erkrankung, die damit ein bisschen aus dem Raster fällt, aber selbst Vincent's Tourette- Syndrom hatte im Film psychogene Ursachen. Unterwegs war Vincent mit Anorexia nervosa, namentlich Marie (Karoline Herfurth) und Zwangsneurose, namentlich Alexander (Johannes Allmayer).
Vor allem zum Ende des Films wurde anhand von Marie's Anorexie sehr schön deutlich, welche verheerenden Folgen es haben kann, wenn "einfach nur" der Kopf rebelliert, und auch ihre "Schmerzen, die der Selbsthass erzeugt", fand ich sehr schön formuliert.
Im Gespräch zwischen Frau Doktor Rose (Katharina Müller- Elmau) und Vincent's Vater (Heino Ferch) wurde außerdem deutlich, wie viel man über ein Krankheit und deren Entstehung erfahren kann, indem man statt endloser apparativer Diagnostik zu allererst einmal eine umfassende Persönlichkeitsanamnese durchführt, und auch sehr bezeichnend fand ich Frau Doktor Rose's Ausspruch "Ich habe alles falsch gemacht." in Bezug auf die Therapie von Marie.
Keinem somatischen Arzt würde es jeh einfallen, so etwas zu sagen. Denn für körperliche Erkrankungen gibt es eindeutige Therapiestandards, und wenn die versagen, dann war es nicht die Schuld des Arztes, sondern die Schuld der Abwehr, die Schuld der individuellen Konstitution, die Schuld des Krankheitsstadiums, die Schuld der mangelnden Compliance auf Patientenseite oder einfach nur die Schuld Gottes - aber falsch gemacht hat Doktor Körper nie etwas. Überspitzt gesagt.
Doktor Kopf dagegen sieht sich diesem Kampf tagtäglich ausgesetzt - weil die Psyche eines Menschen und ihr Einfluss auf dessen Gesundheit so viel komplexer ist, als es ihr die allermeisten Menschen zugestehen möchten.
Und auch wenn das jetzt viel Text zum letzten Punkt der Top 10 war, und dieser viele Text wahrscheinlich die meisten schon wieder davon abgehalten hat, ihn zu lesen, war es mir trotzdem ein Bedürfnis, das nochmal zu unterstreichen, weil ich es unheimlich traurig finde, wie wenig Beachtung die Psyche des Menschen sowohl auf Seite der Medizin und Pflege als auch auf Seite der Patienten als auch auf Seite derer, die gar nicht wahrhaben wollen, dass sie Patienten sind, findet, nur weil man sie nicht konkret greifen kann und weil sie keine äußerlichen Symptome verursacht. Was sie allerdings tut.
War jetzt vielleicht ein bisschen ein frustriertes Schlusswort, aber der Film ist trotzdem sehr sehr schön und hebt auch keinen Zeigefinger, so wie ich das gerade tue, deswegen:
Unbedingte Empfehlung, so lange er noch in den Kinos oder sobald er auf DVD erschienen ist :)