07.05.2009

Schlaue Leute sind dumm.


Ich mag das, wenn vermeintlich kluge Köpfe sich selbst entzaubern.

Benjamin Lebert, dessen hoch gelobtes Erstlingswerk "Crazy" ich bereits in einer Buchvorstellung in der achten Klasse mit Leidenschaft verrissen habe, hat scheinbar unlängst ein so mittelmäßiges Buch geschrieben, dass sogar die NEON urteilt:

"Er zeichnet ein Klischee von Amerika, überhaupt ein Klischee von Literatur, erschreckend unbeholfen ist die Sprache. [...] Die Figuren bleiben hohl, die Metaphern zu einfach, und es wird klar, dass Lebert nicht der begnadete Beobachter ist, der er gerne wäre. [...] Das Schlimmste, das er sich vorstellen kann, sagt er, wäre eine 'Crazy'- Fortsetzung zu schreiben. Vielleicht wäre das aber auch das Beste, was er tun kann. Weil er dann nicht mehr so tun müsste, als schreibe er über etwas anderes als sich selbst."

Nachdem mir vor 10 Jahren keiner geglaubt hat, geht das runter wie Öl.

In eben jener NEON, nur wenige Seiten weiter gibt Wolf Biermann in der Kategorie "Vom Leben gelernt" ein paar Wortfetzen zu Protokoll, die er wohl irgendwie für essentiell hält:

  • "In einem runden Saal kann man keine Konzerte geben, jedenfalls nicht im Zentrum. Wer hört schon gern einem singenden Hintern zu?"

  • "Nicht jedes elende Arschloch hat das Recht, dein Feind zu sein."

  • "Ich habe zehn Kinder von vier Frauen, da muss man sich Geburtstage merken können. Am besten mit historischen Eselsbrücken. Mein Sohn Felix hat sich am 8. Mai, dem Tag der Befreiung, selbst befreit."

  • "Ich brauchte die Liebe zu den Frauen immer, um den Streit der Welt auszuhalten."

  • "Reis mit Zimt und Zucker, ausgelassener Butter und würziger Bratwurst: Mit dem Festessen meiner Oma Meume kann ich Freunde beglücken."
Wer weiß, wie lange er daran gesessen hat. Vielleicht ist ja auch die Erwartungshaltung Schuld, aber sogar Mickey Rourke war mit seinen Lebensweisheiten tiefgründiger als das.

Will sagen: Nicht alles, was einem als intelektuelle Autorität vorgesetzt wird, ist tatsächlich weiser als man selbst.

Wie erfrischend.

Und natürlich kann man sowohl Benjamin Leberts literarische Ausbrüche als auch Wolf Biermanns Leitfaden zur Selbstfindung direkt bei NEON Online diskutieren.

2 Kommentare:

Christoph Neon Online hat gesagt…

Hallo! Falls du mit uns und anderen über den Artikel oder auch über Benjamin Lebert diskutieren willst, hier lang:

http://tinyurl.com/datk5z

dein Christoph / Neon Online

Your Mother hat gesagt…

Habe den Post aufgefrischt, wer mit der NEON diskutieren möchte: bitte den Links folgen.. Ich muss mich erstmal anmelden ;)

Aber herzlichen Dank für den Link.. Nun, da ich keine Vanity Fair mehr habe, wird die NEON meine neue Lieblingslektüre, da macht sich so'ne liebevoll gepflegte Online- Präsenz sehr hübsch :)